Künstliche Intelligenz ist im Arten- und Naturschutz heute schon im Einsatz. Als Werkzeug, nicht als Wundermittel. Von automatisierten Insektenfallen bis zur Satellitenauswertung ist KI ist längst Teil des Naturschutzes. Was kann sie leisten und wo sind die Grenzen? Wir schauen uns das näher an.

Ein neuer Helfer für alte Aufgaben
Der Rückgang der Artenvielfalt ist eine der größten ökologischen Herausforderungen unserer Zeit. Traditionelle Methoden wie Geländebegehungen, manuelle Zählungen oder Sichtbeobachtungen liefern wertvolle Daten – sind aber zeitintensiv, personalaufwendig und oft lokal begrenzt.
Hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel: Algorithmen, die große Datenmengen automatisch auswerten, Muster erkennen und Veränderungen schneller sichtbar machen können, als es von Hand möglich wäre.
Beispiele aus der Praxis:
- Automatisierte Bilderkennung
Kamerafallen im Regenwald, die Wildtiere erkennen und klassifizieren – vom Luchs in den Alpen bis zum Ameisenbären in Südamerika. - Akustisches Monitoring
Vernetzte Mikrofone, die Vogelrufe, Fledermauslaute oder Froschquaken aufzeichnen und per KI auswerten. - Plankton-Analyse in Echtzeit
Unterwasserkameras, die winzige Organismen erfassen und mithilfe von Machine-Learning-Modellen sofort bestimmen. - Digitale Insektenfallen
Systeme, die das Kommen und Gehen von Bestäubern im Grünland kontinuierlich dokumentieren. - Satelliten- und Drohnendaten
Auswertung von Luft- und Satellitenbildern, um Veränderungen in Lebensräumen oder illegale Rodungen zu erkennen.
Die größten Stärken der KI: Tempo, Reichweite, Präzision
KI kann in Sekunden auswerten, wofür Menschen Wochen bräuchten.
Das bedeutet:
- Frühwarnsysteme für den Rückgang von Arten oder Lebensräumen
- Bessere Planungsgrundlagen für Schutzgebiete
- Schnellere Reaktion bei Bedrohungen wie Wilderei oder invasiven Arten
- Ergänzende Datenquellen für Citizen-Science-Projekte und Forschung
Und die typischen Sorgen?
Manche befürchten, KI könne menschliche Arbeitsplätze im Naturschutz ersetzen oder sogar zu einer „Technologiegläubigkeit“ führen.
Realistisch betrachtet ist eher das Gegenteil der Fall:
- Keine KI ohne Menschen
Algorithmen brauchen fachlich korrekte Trainingsdaten – die kommen von Biolog:innen, Ranger:innen und Ehrenamtlichen. - Technik ersetzt keinen Lebensraum
Sie kann Wälder nicht aufforsten, Moore nicht wiedervernässen und keine Gesetze erlassen. Sie liefert „nur“ bessere Informationen. - Energieverbrauch im Blick
Moderne Systeme werden zunehmend energieeffizient betrieben, oft vor Ort mit Solarstrom. Der Strombedarf ist in der Regel geringer als der logistischer Großaktionen im Gelände.
Risiken und Grenzen
Ein nüchterner Blick gehört dazu:
- Verzerrte Datenbasis (Bias) – wenn nur bestimmte Regionen oder Arten gut dokumentiert sind, bleiben andere unter dem Radar.
- Abhängigkeit von großen Plattformen – Cloud-Dienste für Datenverarbeitung sind nicht immer transparent oder dauerhaft verfügbar.
- Scheinlösungen – Technik darf nicht als Ausrede dienen, notwendige politische oder gesellschaftliche Veränderungen aufzuschieben.

Werkzeug mit großem Potenzial
KI ist im Arten- und Naturschutz weder Heilsbringer noch Gefahr an sich.
Sie ist ein Werkzeug – und wie jedes Werkzeug wirkt sie nur so gut wie die Menschen, die sie einsetzen.
Richtig angewendet, kann sie:
- Forschung beschleunigen
- Schutzmaßnahmen gezielter machen
- Öffentlichkeit und Politik schneller informieren
Aber: Sie braucht uns – als Datenlieferanten, als Entscheider und als diejenigen, die vor Ort handeln.
Quellen:
- AI and Autonomous Systems for Assessing Biodiversity and Ecosystem Health
- Revolutionizing Biodiversity Monitoring: The Power of AI and New Technologies
- Artificial Intelligence for automated Insect Biodiversity Monitoring
- Use Case: Automated Detection and Counting of Animal Species for Monitoring Biodiversity in Ecosystems
- New AI for Biodiversity series: How can we use AI to monitor biodiversity and support conservation actions?