Wie viel Natur, wie viel unberührte Natur, können und wollen wir in Zukunft unseren wilden Tieren lassen? Frei von Planungen; nur der Dynamik und den Prozessen der natürlichen Umwelt unterworfen; wild und unbeeinflusst durch Eine sehr ernste Frage!

Der Biologe Edward O. Wilson will der Tierwelt eine Hälfte unseres Planeten überlassen. Mit diesem Konzept soll den Verlust der Artenvielfalt eingedämmt und ein von Menschen verursachtes massiven Artensterben verhindert werden. Doch kann das überhaupt funtionieren?
Wir Menschen haben uns auf dem Planeten ganz schön breit gemacht. Kaum ein Fleck, wo wir noch nicht unsere Spuren hinterlassen haben: Autobahnen und andere Verkehrswege, Stromtrassen und Siedlungen durchziehen nahezu jeden Winkel der Erde. Und dort wo nicht gebaut wird, dort hinterlässt die Land – und Forstwirtschaft ihre Spuren. Natur, genauer Wildniss, hat so gut wie keinen Platz mehr, um sich zu entwickeln… Zitat … Die Nachteile, die für die Artenvielfalt daraus entstehen sind bekannt, die Folgen verherrend: Ohne große, zusammenhängde Lebensräume können viele Tierarten schlicht nicht überleben. Ein Aussterben ist vorprogrammiert.
Auf der Erde wird es langsam eng für wilde Tiere
Der Verlust von Lebensräumen ist die größte aller Bedrohungen für unsere Tierwelt. Dieser Verlust hat wiederum viele Ursachen, angefangen bei der Zerstörung von Wäldern, der Trockenlegung von Sümpfen und Mooren, den Bau von Autobahnen oder Zäunen quer durch Lebensräume. Die Mehrheit der bedrohten Tiere auf unserem Planeten verschwindet genau aus diesem Grund von der Bildfläche. Mindestens 85%, wie die Experten der Internationalen Naturschutzorganisation ermittelt haben.
Half-Earth: Sollten wir der Natur die Hälfte unseres Planeten zurückgeben?
Die radikale Vision von Edward O. Wilson
Was wäre, wenn wir die Hälfte der Erde nicht für Städte, Straßen und Landwirtschaft nutzen, sondern sie der Natur überlassen würden? Genau diese Idee hatte der berühmte Biologe und Naturschützer Edward O. Wilson. Er argumentierte, dass wir nur so das große Artensterben stoppen können. Doch wie realistisch ist dieser Ansatz, und was würde er für uns bedeuten?
Warum brauchen wir ein „Halbes-Erde“-Modell?
Die Natur ist in Gefahr: Jeden Tag verschwinden Arten, weil ihre Lebensräume zerstört werden. Wissenschaftler schätzen, dass wir uns mitten im sechsten Massenaussterben befinden – verursacht durch den Menschen. Wilsons Lösung: Mindestens 50 % der Erde als unberührte Wildnis ausweisen, damit sich Ökosysteme regenerieren und Arten überleben können.
Sein Ansatz beruht auf der Arten-Areal-Beziehung, die zeigt, dass der Verlust von Lebensraum direkt mit dem Artensterben zusammenhängt. Kurz gesagt: Je mehr Fläche wir der Natur lassen, desto mehr Arten können überleben.
Die Vorteile von „Half-Earth“
✅ Schutz der Biodiversität: Laut Wilson könnten bis zu 85 % der Tier- und Pflanzenarten gerettet werden.
✅ Klimaschutz: Intakte Ökosysteme speichern CO₂ und helfen, den Klimawandel zu bremsen.
✅ Erholung der Natur: Flüsse, Wälder und Ozeane könnten sich regenerieren und wieder zu gesunden Lebensräumen werden.
✅ Mehr Natur für den Menschen: Große Wildnisgebiete bedeuten auch mehr Naturerlebnisse, die unser Wohlbefinden stärken.
Ist das überhaupt realistisch?
Die Idee klingt radikal – und das ist sie auch. Denn wir nutzen bereits jetzt über 70 % der eisfreien Landflächen für Landwirtschaft, Siedlungen und Infrastruktur. Zudem wächst die Weltbevölkerung weiter.
Allerdings gibt es Wege, der Vision näherzukommen:
Schutzgebiete ausweiten: Aktuell stehen nur etwa 17 % des Landes und 8 % der Meere unter Schutz. Wilsons Ziel von 50 % wäre ein riesiger Sprung, aber viele Länder arbeiten bereits daran.
Nachhaltige Landnutzung: Wenn wir Lebensmittel effizienter anbauen und Konsumgewohnheiten ändern, könnten wir der Natur mehr Raum lassen.
Wildnis zurückholen: Renaturierungsprojekte zeigen, dass sich Ökosysteme erstaunlich gut erholen können, wenn man ihnen Zeit gibt.
Half-Earth vs. 30-by-30: Ein realistischer Kompromiss?
Während Wilsons Half-Earth-Vision ein langfristiges Ideal ist, hat die internationale Gemeinschaft ein greifbareres Ziel formuliert: 30 by 30. Dieses Konzept, beschlossen auf der UN-Biodiversitätskonferenz 2022, sieht vor, dass bis 2030 mindestens 30 % der Land- und Meeresflächen weltweit unter Schutz gestellt werden.
Viele Wissenschaftler sehen darin einen wichtigen ersten Schritt. 30 % sind nicht genug, um alle Ökosysteme zu retten, aber es ist eine politische Zielmarke, die realistisch erreichbar scheint – und vielleicht den Weg für eine noch größere Vision wie Half-Earth ebnet.
Und was passiert in Deutschland?
Auch in Deutschland gibt es konkrete Schutzstrategien. Im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt (NBS) verfolgt die Bundesregierung das „Wildnisziel 2 %” – das bedeutet, dass mindestens 2 % der Landesfläche als echte Wildnis sich selbst überlassen werden sollen. Aktuell sind wir davon noch weit entfernt, aber es gibt Fortschritte durch die Ausweisung neuer Schutzgebiete.
Zusätzlich beteiligt sich Deutschland an der internationalen 30-by-30-Initiative. Schon jetzt stehen etwa 38 % der Landfläche unter Schutz – allerdings nicht überall mit strengen Schutzvorgaben. Ein echter Gewinn für die Biodiversität wäre es, wenn diese Flächen stärker vernetzt und Wildnisgebiete konsequent ausgeweitet würden.
Fazit
Ob Half-Earth jemals Realität wird, ist ungewiss. Doch Wilsons Idee hat eine wichtige Botschaft: Wenn wir nicht handeln, verlieren wir unwiederbringlich Arten und Ökosysteme. Wir müssen groß denken, wenn wir die Artenvielfalt erhalten wollen. Das 30 %-Ziel bis 2030 ist ein erster Schritt – aber langfristig könnten wir noch viel weiter gehen.