Rewilding. Neue Wege im Naturschutz

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Rewilding Landscapes oder konservierender Naturschutz? Wir brauchen neue und innovative Konzepte, um der Biodiversitätskrise (aka Artensterben) die Stirn zu bieten*. Rewilding ist ein recht neuer Ansatz im Naturschutz. Wir stellen ihn vor.

*Beide Methoden schließen sich natürlich nicht aus.

Konik-Wildpferde. Wichtige „Mitspieler“ im Rewilding Konzept | Alfred Derks auf Pixabay

Die globale Biodiversitätskrise und der Klimawandel stellen traditionelle Naturschutzansätze zunehmend infrage. Konservierende Methoden, die auf intensivem Management beruhen, stoßen an Grenzen. Stattdessen rücken dynamische Konzepte wie „Rewilding Landscapes“ in den Fokus, die natürliche Prozesse fördern und Ökosysteme widerstandsfähiger machen.

Grenzen des konservierenden Naturschutzes

Klassische Naturschutzgebiete funktionieren meist durch intensives Eingreifen und regelmäßige Pflege, was teuer, personalintensiv und langfristig nur begrenzt wirksam ist. Statische Schutzgebiete sind oft anfällig für klimatische Veränderungen, invasive Arten oder andere ökologische Krisen.

Was bedeutet „Rewilding Landscapes“ konkret?

Rewilding verfolgt das Ziel, natürliche Prozesse wie Sukzession, Überschwemmungen oder dynamische Vegetationsentwicklung bewusst zuzulassen. Der Mensch zieht sich zurück, greift seltener aktiv ein und ermöglicht so eine natürliche Regeneration großer Landschaften. Das Prinzip ist weniger Kontrolle, dafür mehr Eigenständigkeit der Natur.

Rewilding und Wildnisgebiete in Deutschland

Deutschland verfolgt das Ziel, mindestens zwei Prozent der Landesfläche dauerhaft als Wildnisgebiete zu sichern. Nationalparks wie der Bayerische Wald oder das Wildnisgebiet Königsbrücker Heide zeigen eindrucksvoll, wie Landschaften sich ohne Eingriffe regenerieren und neue Lebensräume für seltene Arten schaffen können. Hier bietet Rewilding ein enormes Potenzial, um Biodiversität langfristig zu schützen und zu fördern.

Große Weidetiere im Rewilding-Konzept: Potenziale und Herausforderungen

Weidetiere wie Wisente, Heckrinder oder Przewalski-Pferde schaffen strukturreiche Habitate durch extensive Beweidung. Sie öffnen Landschaften, ermöglichen vielfältige Lebensräume und erhöhen dadurch die Artenvielfalts. Beispiele wie die Döberitzer Heide in Deutschland oder Oostvaardersplassen in den Niederlanden zeigen, wie erfolgreich große Weidetiere sein können.

Allerdings bringt der Ansatz auch erhebliche Herausforderungen mit sich:

  • Tierschutzaspekte: Projekte wie Oostvaardersplassen zeigten, dass geringe Besatzdichten oft mit ethischen Dilemmata einhergehen – beispielsweise hoher Sterblichkeit im Winter.
  • Gesellschaftliche Akzeptanz: Große Weidetiere können landwirtschaftliche Flächen beeinträchtigen, Infrastruktur schädigen oder Konflikte mit Anwohnern hervorrufen.
  • Rechtliche und praktische Komplexität: Wildtiere im freien Raum werfen Haftungsfragen auf und erfordern komplexe rechtliche Rahmenbedingungen und Managementstrukturen.

Alternativen zu großen Weidetieren – weniger spektakulär, aber praktikabler

Um diese Herausforderungen zu umgehen, bieten sich für dicht besiedelte Länder wie Deutschland realistische Alternativen an:

  • Wiedervernässung von Mooren und Auen: Dies ist ökologisch höchst effektiv, unterstützt die CO₂-Bindung und schafft wertvolle Lebensräume, etwa in Brandenburg und Niedersachsen erfolgreich praktiziert.
  • Aufgabe forstwirtschaftlicher Nutzung: Naturwälder entstehen durch natürliche Sukzession. Solche Flächen erfordern kaum Pflege, fördern hohe Biodiversität und sind gesellschaftlich oft besser akzeptiert.
  • Flächenstilllegung: Das passive Zulassen natürlicher Regenerationen auf aufgegebenen Nutzflächen fördert Vielfalt mit minimalem Aufwand.

Rewilding ist ein wichtiger, innovativer Ansatz im Naturschutz. Es braucht Mut zu dynamischer Naturentwicklung, aber auch realistische und gesellschaftlich tragfähige Lösungen. Ein sinnvoller Mittelweg zwischen visionären Ideen und praktisch akzeptablen Alternativen könnte die Naturschutzstrategie der Zukunft prägen – nicht nur in Schutzgebieten, sondern zunehmend in ganz normalen Landschaften.