Der Holler – zu Ehren der Frau Holle

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Jeder kennt das Märchen von Frau Holle, doch ihre Verbindung zur Natur und insbesondere zum Holunderstrauch ist vielen unbekannt. In den alten Sagen steht Frau Holle nicht nur für Schnee, sondern auch für das Leben und den Kreislauf der Natur. Der Holunder – oder „Holler“ – wurde als heilige Pflanze verehrt und galt als Tor zu ihrer magischen Welt.

Holunder | pixabay by Efraimstochter

In ihrem wunderbaren Garten hütet Frau Holle die Seelen ungeborener Kinder und wurde daher seit jeher verehrt. Sie galt als Beschützerin der ungeborenen Kinder, der Tiere und der Pflanzen. In alten Sagen erscheint sie den Menschen oft in Gestalt eines verletzten Tieres oder einer greisen Alten. Wer Mitleid zeigt und hilft, wird reich belohnt. Wer sich jedoch über sie lustig macht, der wird bestraft – wie im Märchen der Gebrüder Grimm mit Gold und Pech.

Man gelangt in ihren Garten durch den Brunnen, doch nicht nur dieser, sondern auch der Holunder galt als Tor zu ihrer Welt. Die Hochachtung, die man dem Strauch entgegenbrachte, war enorm. Es war üblich, den Hut zu ziehen, wenn man an Frau Holles Strauch, dem Holler, vorüberging. Einen Holunderbusch zu roden oder stark zu verschneiden war undenkbar. Sollte es dennoch notwendig gewesen sein, tat man dies sehr behutsam: Zuerst wurde der Geist im Baum mit Opfergaben besänftigt, dann seine Äste in der Erde vergraben.

„Ringel, Ringel, Reihe, sind der Kinder dreie, sitzen unterm Hollerbusch, machen alle husch, husch, husch.“ Dieser alte Kinderreim ist uns allen bekannt, doch das Wissen um den sorgsamen Umgang mit dieser mächtigen Pflanze droht verloren zu gehen. Schließlich gilt der Holunder als Schwellenbaum – als Tor zur Anderwelt und als Symbol der dreifaltigen alten Muttergöttin Holle. Auch seine symbolischen Farben sind tief mit dieser Mythologie verknüpft: Das Weiß seiner duftenden Blüten, das Schwarz seiner reifen Beeren und das tiefe Rot seines Beerensaftes. Wer an Mittsommer unter dem Holunderbusch sitzt, mag vielleicht das kleine Volk tanzen sehen. Doch Vorsicht: Wer darunter einschläft, könnte unwiederbringlich in das Untere Reich gezogen werden.

Die medizinische Wirkung des Holunders sind seit langer Zeit bekannt

Die heilenden Kräfte des Holunders waren schon in der Antike bekannt. Man glaubte, der Strauch könne Krankheiten „festhalten“ und abwehren. So wickelte man die Verbände der Kranken um seine Äste und entleerte das Badewasser von Neugeborenen unter den Hollerbusch, um Schutz zu erbitten. Kleine Opfergaben wie Milch, Flachs oder Wolle wurden Frau Holle als Dank dargebracht.

Heute sind Holunderblüten und -beeren in der Naturheilkunde fest verankert. Besonders bei fiebrigen Erkrankungen und zur Stärkung des Immunsystems werden sie genutzt. Die Blüten wirken schweißtreibend, und die Beeren dürfen nur gekocht verzehrt werden, da sie roh giftig sind. Der Holunder wird mittlerweile großflächig angebaut – allein in Deutschland auf rund 600 Hektar zur medizinischen Nutzung, in Österreich (Steiermark) sogar auf mehr als 1.500 Hektar.

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Der Holunder ist weit mehr als nur ein gewöhnlicher Strauch – er trägt uralte Symbolik in sich und bietet uns wertvolle Heilmittel. Heute sollten wir ihn nicht nur als Pflanze für den Garten sehen, sondern seine Rolle als Bindeglied zur Natur und zur Tradition wieder schätzen lernen. Holundersträucher gehören zurück in unsere Gärten und Grünflächen. Ihre magische und medizinische Bedeutung sollte bewahrt und weitergetragen werden. Deshalb: Lasst uns den Holler wieder pflanzen.

Bitte beachte bei der Nutzung und Anwendung von Wildfrüchten etwaige medizinische und gesundheitliche Risiken. Mehr dazu auch unserer Seite „Haftungsausschluss (Disclaimer)